Frank Rombey und der Asyl-Engpass: Weckruf für die Politik
Integration ist nicht mehr leistbar
Der Bürgermeister von Niederzier in Nordrhein-Westfalen, Frank Rombey, zeichnet ein alarmierendes Bild. Mit Platz für gerade einmal fünf weitere Flüchtlinge ist seine Gemeinde von 15.600 Einwohnern „faktisch voll“, wie er selbst sagt. Rombey wirft damit eine Reihe ernsthafter Fragen auf, die über die Grenzen seiner Gemeinde hinaus von Bedeutung sind.
„Wir können die Integrationsarbeit nicht mehr leisten“, sagt Rombey. Diese Aussage trifft ins Mark. Sie zeigt, wie die Aufnahme von Flüchtlingen zu einer Belastung für lokale Behörden werden kann, vor allem wenn die Bundes- und Landesregierungen den Gemeinden nicht die notwendige Unterstützung bieten.
Rombey betont, dass in seiner Gemeinde 82 verschiedene Nationen vertreten sind und viele Ehrenamtliche im Einsatz sind. Das ist ein beachtlicher Beitrag zur Integration und sollte als solcher anerkannt werden. Doch trotz der besten Bemühungen der Gemeinde und ihrer Einwohner ist die Situation angespannt.
Ein Weckruf für die Bundespolitik
Was Rombey uns deutlich macht: Es geht nicht mehr um Integration, es geht darum, Obdachlosigkeit zu verhindern. Wenn eine Gemeinde an den Punkt kommt, wo sie sagt, „wir sind faktisch voll“, dann ist das ein Weckruf für die Bundespolitik. Es müssen dringend Maßnahmen ergriffen werden, um den Gemeinden zu helfen, die sich in einer ähnlichen Lage befinden.
Das Thema geht weit über die Bedürfnisse von Niederzier hinaus und sollte als Chance gesehen werden, die Asylpolitik im Land neu zu überdenken. Es geht um mehr als nur Unterbringung; es geht um Infrastruktur wie Kita- und Schulplätze, um soziale Integration und letztlich um den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Rombey hat einen Aufnahmestopp für 14 Tage erwirken können. Aber was passiert danach? Diese Unsicherheit ist ein Symbol für die Unsicherheit, die viele Gemeinden in Deutschland fühlen. Es ist höchste Zeit, dass die Politik diesem Weckruf Beachtung schenkt und Lösungen bietet, die über Notlösungen hinausgehen.
Frank Rombey hat einen Alarm ausgelöst, der gehört werden muss. Ob wir darauf hören, ist eine Frage, die nicht nur seine Gemeinde, sondern ganz Deutschland betrifft.
Faeser, nur Worte, keine Taten
Die Position von Bundesinnenministerin Nancy Faeser im Asyl- und Einwanderungsdiskurs ist eine, die in der Mitte angesiedelt ist und das komplexe Spannungsfeld der Politik widerspiegelt. Faeser lehnt die von Markus Söder vorgeschlagenen Obergrenzen für Asylbewerber als nicht praktikabel ab, anerkennt jedoch die Notwendigkeit, die Zuwanderung zu begrenzen. Damit versucht sie, einen Mittelweg zu finden, der jedoch keine konkreten Lösungen präsentiert.
Das Verstärken der Grenzpolizei nach Tschechien und Polen sowie Abkommen mit verschiedenen Ländern sind zweifellos Schritte, um illegale Zuwanderung einzudämmen. Doch während Faeser hier nationale Maßnahmen ergriffen hat, betont sie, dass eine „europäische Lösung“ das Einzige sei, was wirklich helfen wird. Ist das nicht ein Widerspruch?
Politik Faesers dreht sich im Kreis
Faesers Ansatz einer europäischen Lösung ist in der Theorie absolut richtig. Die Asylfrage kann nicht isoliert auf nationaler Ebene gelöst werden; sie erfordert eine kollektive europäische Antwort. Doch wenn die Innenministerin das als einzige wirkliche Lösung bezeichnet, muss sie auch darlegen, wie eine solche europäische Lösung aussehen könnte und welche Schritte unternommen werden, um sie zu erreichen.
Das Hauptproblem ist, dass die Forderung nach einer „europäischen Lösung“ zwar ein allgemeiner Konsens ist, jedoch nur selten in konkrete Aktionen umgesetzt wird. Ebenso verpflichtend wie die bilateralen Abkommen sollten auch multilaterale Gespräche und Vereinbarungen innerhalb der EU sein. Nur so kann die Last der Verantwortung gerecht auf alle Mitgliedsstaaten verteilt werden.
Was wir hier sehen, ist eine Politik, die sich im Kreis dreht: nationale Maßnahmen, die nicht ausreichen, und ein Appell an europäische Solidarität, der bisher nur bedingt Früchte getragen hat.
Faeser, viele Phrasen, keine Lösungen
Worte allein reichen nicht aus. Es braucht Taten. Wenn Faeser die europäische Lösung als den einzigen gangbaren Weg betrachtet, dann muss sie jetzt aktiv werden und diesen Weg ebnen. Nur so kann die Bundesinnenministerin zeigen, dass ihre Politik nicht nur aus wohlklingenden Phrasen, sondern aus handfesten Lösungen besteht.
Die Rückkehr zu Sachleistungen? Ein umstrittener Vorschlag im Kontext der Asyldebatte
Die Frage, ob statt Geldleistungen wieder Sachleistungen an Asylsuchende ausgegeben werden sollten, ist kontrovers und ruft unterschiedliche Emotionen und politische Positionen hervor. Bürgermeister Frank Rombey aus Niederzier berührt mit dieser Frage eine Diskussion, die nicht nur finanzielle, sondern auch ethische und soziale Aspekte umfasst.
Geldleistungen bieten Asylsuchenden eine gewisse Flexibilität und Selbstbestimmung in einem ansonsten sehr eingeschränkten Alltag. Sachleistungen hingegen können als paternalistisch empfunden werden und könnten das Gefühl der Entmündigung verstärken. Zudem gibt es die pragmatische Überlegung, dass die Organisation von Sachleistungen logistisch aufwendiger und in manchen Fällen sogar teurer sein kann als Geldleistungen.
Reich an Worten, arm an Lösungen
Rombey betont jedoch, dass die Diskussion in Talkshows und politischen Debatten zwar reich an Worten, aber arm an Lösungen ist. Dieser Punkt ist wahr und spricht das Kernproblem an: Es wird viel geredet, aber es mangelt an konkreten Handlungsstrategien. Die Frage der Sach- versus Geldleistungen ist nur ein Puzzleteil in einem viel größeren Bild, das dringend zusammengesetzt werden muss.
Wenn Politiker wie Bundesinnenministerin Nancy Faeser von einer „europäischen Lösung“ sprechen, aber gleichzeitig keine klaren Wege aufzeigen, wie diese erreicht werden kann, verstärkt das die Frustration der Menschen vor Ort, die täglich mit den Herausforderungen umgehen müssen. Rombey spricht für viele, wenn er sagt: „Ich bin ernüchtert. Wir brauchen Lösungen.“
Die Diskussion um Geld- oder Sachleistungen darf nicht davon ablenken, dass grundlegende Lösungen für die Asylpolitik gefunden werden müssen. Es geht nicht nur um die Art der Unterstützung, sondern auch um Kapazitäten, um Integration, um Bildung und letztlich um den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Frank Rombey hat recht: Wir brauchen Lösungen, keine Lippenbekenntnisse. Die Diskussion um Geld- und Sachleistungen sollte daher im Kontext eines umfassenden Plans für die Asyl- und Migrationspolitik geführt werden. Nur so können wir die drängenden Probleme in diesem Bereich nachhaltig lösen.
Bildinformationen
An der „Belastungsgrenze“ – Schafft Deutschland eine bessere Flüchtlingspolitik?
Das Thema diskutieren Nancy Faeser, Markus Söder, Frank Rombey, Victoria Rietig und Isabel Schayani.
Bild: NDR/Wolfgang Borrs – Wolfgang Borrs