Aus dem Tagebuch eines Irren, oder, wenn Wahnsinn Methode wird

Aus dem Tagebuch eines Irren, oder, wenn Wahnsinn Methode wird
Irre, krude Ideen, festgehalten von einem Irren, der jenseits der Realität die Welt verbessern will

Wenn der Wahnsinn um sich greift

Die wirren Ideen, wie sie im Tagebuch eines Irren festgehalten sind, reflektieren die Sehnsucht nach einer idealen Welt, die von sozialer Gerechtigkeit, Umweltschutz und persönlicher Freiheit geprägt ist. Der Protagonist, nennen wir ihn Robert, Roberta, oder Robertine, träumt von einem Leben, in dem Geschlechterrollen irrelevant sind. er will, dass eine universelle Sprache alle Menschen verbindet, Atomkraftwerke abgeschafft sind, kein Fleisch mehr gegessen wird, Verbrennungsmotoren durch umweltfreundliche Alternativen ersetzt werden und Arbeit als Brechreiz auslösend empfunden wird.

Trotz der als irrational betrachteten Gedanken des Protagonisten spiegeln seine Träume, niedergeschrieben im Tagebuch eines Irren, den Wunsch nach einer besseren Welt wider, die frei von gesellschaftlichen und ökologischen Problemen ist.

So liest sich das Tagebuch eines Irren

Montag

Heute habe ich darüber nachgedacht, wie schön es wäre, sich jeden Tag anders zu fühlen. Mal als Mann, mal als Frau. Die Vorstellung, die Geschlechterrollen zu durchbrechen und die Freiheit zu haben, jede Facette meiner Identität auszuleben, erfüllt mich mit Sehnsucht.

Ich habe für mich die Notwendigkeit erkannt, dass ich die Welt dazu bringen muss, sich von den traditionellen und engen Grenzen einer Gesellschaft zu lösen, die nur in binären Geschlechterkategorien von Mann und Frau denkt.

Dienstag

Ich bin heute Morgen als Frau aufgewacht, und habe meine Tage bekommen. Darauf war ich nicht vorbereitet. Ich werde mir unbedingt Tampons besorgen müssen, falls das öfter vorkommt. Mein Geist wanderte heute zu der Idee einer universellen Sprache, die alle Menschen einschließt. Ich denke, ich werde diese Sprache „Gendern“ nennen, damit ich mich auch zukünftig geschlechtergerecht ansprechen kann.

Wie viel einfacher wäre die Kommunikation unter allen Menschen, wenn wir alle dieselben Worte benutzen würden? Keine Barrieren mehr, keine Missverständnisse. Ich werde in jedem Gespräch mitgenommen, und fühle mich als Teil der Gesellschaft, die endlich kapiert hat, dass ich einzigartig bin, ja, dass es sich lohnt, eine Sprache zu entwickeln, die mich in den Mittelpunkt stellt.

Mittwoch

Heute Morgen bin ich wieder als Mann erwacht, was eine unangenehme Schwellung mit sich brachte, die sich erst nach einem ausgiebigen Besuch auf der Toilette wieder verflüchtigte. Das gute ist, die Menstruation hat aufgehört, und ich bin nicht mehr so tobsüchtig wie gestern. Mein männlich geschärfter Blick richtete sich heute auf die Umwelt und die schädlichen Auswirkungen der Atomkraft.

Es wäre schön, wenn wir keine Atomkraftwerke mehr bräuchten, dachte ich mir, und habe beschlossen, sie abschalten zu lassen. Es erscheint mir sinnvoller, wenn Strom aus nachhaltigen und umweltfreundlichen Quellen bezogen wird. Sollte Energie fehlen, werde ich diese mit Kohlekraftwerken und Gaskraftwerken produzieren. Das schadet zwar der Umwelt enorm, aber es wertet mich als Person auf, weil ich in die Geschichtsbücher als der „Abschalter“, die „Abschalterin“, das „Abschaltende“eingeschrieben sein werde.

Donnerstag

Heute bin ich als Es aufgewacht, weil ich mich nicht so richtig entscheiden konnte, wie ich mich fühle. Über Nacht sind mir Brüste gewachsen, aber unten rum war ich trotzdem ein richtiger Mann.

Der Gedanke an die Auswirkungen der Massentierhaltung und des Fleischkonsums ließ mich heute nicht los. Es wäre schön, wenn die Menschen aufhören würden, Fleisch zu essen, um Tierleid zu verhindern und die Umwelt zu schonen. Es muss doch eine Möglichkeit geben, dass nur noch ich Fleisch essen kann, weil ich der einzige bin, der Fleisch noch bezahlen kann.

Ich habe beschlossen, ein Essen zu erfinden, das ich als „Vegan“ bezeichnen werde. An dem Versuch, es genießbar zu machen, bin ich zwar jämmerlich gescheitert, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf. Die größte Hürde war die, einzelne Bestandteile des Essens miteinander zu verbinden. Ich habe mich für Pattex und Uhu entschieden, damit sich keiner der beiden Klebstoffe diskriminiert fühlt, weil er/sie/es keine Berücksichtigung fand.

Freitag

Der Morgen begann mit einer Tragödie. Mein männliches Ich hat mein weibliches Sie vergewaltigt. Die beiden zu trennen, hat enorm viel Kraft gekostet. Ich hoffe, dass mein kindliches Es nicht beteiligt war, sonst muss ich mich auch noch wegen Kindesmissbrauch verantworten.

Die Nacht über träumte ich von einer Welt ohne Verbrennungsmotoren. Es wäre schön, wenn alle Fahrzeuge mit Elektromotoren ausgestattet wären. Um diese revolutionäre Idee umzusetzen, habe ich eine staatliche Förderung ins Leben gerufen, damit möglichst viele ein Auto kaufen, das elektrisch betrieben wird.

Als ich gemerkt habe, dass die Idee ankommt, war ich gezwungen, diese Förderung sofort wieder zu streichen, und zwar heute noch, ohne Übergangsfrist. Wo kommen wir hin, wenn plötzlich die ganze Gesellschaft ein E-Auto fährt? Den Strom, der dafür benötigt wird, können wir ja gar nicht produzieren. Mann o´Mann, was für eine verrückte Idee.

Samstag

Der gestrige Übergriff macht mir immer noch zu schaffen. Ich habe mich entschlossen, mich durch eine psychotherapeutische Kur zu deeskalieren. Gleichzeitig habe ich mich reflektiert, und meine Grundhaltung mir gegenüber auf den Prüfstand gestellt. Mittlerweile habe ich Verständnis über Ursache und Beweggründe meiner übergriffigen Verhaltensweise. Ich bin einfach ein geiler Typ.

In der vergangenen Nach wurde ich von Albträumen geplagt. Die Vorstellung, dass alle Menschen gerne arbeiten würden, erfüllte mich mit Grauen. Um dieser Tragödie entgegenzuwirken, habe ich das „Bürgergeld“ erfunden, das immer mehr Zuspruch findet. Ich habe mich entschlossen, es für alle zugänglich zu machen.

Auch für die, die noch nie etwas geleistet haben, oder leisten werden. Gleichzeitig habe ich Flyer in die ganze Welt verschickt, damit mehr kommen, die nicht arbeiten wollen. Die Idee, die ich damit verknüpfe, ist für mich leicht nachvollziehbar. Je größer die Anzahl der Menschen ist, die nicht arbeiten, desto kleiner wird der Widerstand gegen Arbeitslosigkeit.

Sonntag

Ich habe ganz schlecht geschlafen. Meine Persönlichkeiten haben sich verselbständigt, und sind aufgestanden, noch bevor ich aufgewacht bin. Ich bin wieder alleine mit mir, und frage mich, was ich angerichtet habe.

Heute wurde mir schmerzhaft bewusst, dass meine Träume und Ideale nicht von dieser Welt akzeptiert werden. Menschen gehen zu Hunderttausenden auf die Straße, um für Demokratie zu demonstrieren. Am Anfang der Demonstrationen habe ich noch gedacht, die gehen für mich und meine Ziele auf die Straße. Aber weit gefehlt, die Gesellschaft hat beschlossen, dass ich ein Irrer bin, ein Plagegeist, der ihre Ordnung stört.

Doch in meinen Gedanken und Träumen werde ich weiterhin eine Welt erschaffen, in der alles möglich ist. Auch wenn die Realität mich ablehnt, werde ich meinen Glauben an eine bessere Zukunft nicht aufgeben. Ich werde stark sein, und weiterhin versuchen, gegen jegliche Vernunft zu handeln. Solange, bis mein Wahnsinn das neue Normal ist.

Rudolf Stier - Freier Journalist

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