Handelsvertreter sind die enorm wichtigen Deppen der Nation
Sind Handelsvertreter/innen die Deppen der Nation? Ein Plädoyer für die Anerkennung ihrer Arbeit
In der Gesellschaft haben viele Berufsgruppen mit Vorurteilen zu kämpfen, doch kaum eine Berufsgruppe wird so häufig missverstanden und unterschätzt wie die der Handelsvertreter/innen.
Laut dem Bundesverband Deutscher Handelsvertreter und Handelsmakler (CDH) gab es im Jahr 2022 etwa 86.000 freie Handelsvertreter/innen in Deutschland. Diese Zahl umfasst sowohl haupt- als auch nebenberufliche Handelsvertreter/innen, die selbstständig tätig sind und in der Regel auf Provisionsbasis arbeiten.
Warum aber müssen Handelsvertreter/innen ihre wertvolle Zeit und ihr Wissen verschenken? In anderen Branchen ist es undenkbar, dass Fachleute ohne Entlohnung arbeiten.
Ein Rechtsanwalt, ein Arzt oder ein Steuerberater würde niemals ohne Honorar arbeiten, und das zu Recht. Warum also müssen Handelsvertreter, die ebenfalls Experten in ihrem Bereich sind, gezwungen sein, ihre Zeit und Mühe unentgeltlich zu investieren?
Ihre Arbeit wird oft als lästig abgetan, ihre Expertise nicht wertgeschätzt. Dabei sind sie hoch qualifizierte Fachleute, die einen wesentlichen Beitrag zur Wirtschaft leisten. Dieser Artikel hinterfragt, warum diese Berufsgruppe so wenig Anerkennung erfahren und stellt die Frage, sind Handelsvertreter die Deppen der Nation?
Die Herausforderung des Provisionsmodells
Selbstständige arbeiten in der Regel auf Provisionsbasis. Das bedeutet, sie erhalten nur dann ein Einkommen, wenn sie erfolgreich ein Produkt oder eine Dienstleistung verkaufen.
Im Gegensatz zu Angestellten, die unabhängig von ihrer Leistung ihr Gehalt am Monatsende erhalten, müssen Selbständige stets neue Kunden gewinnen und ihre Verkaufszahlen hochhalten, um ihren Lebensunterhalt zu sichern.
Doch warum wird von einem gut ausgebildeten Außendienstmitarbeiter/Mitarbeiterin erwartet, dass er seine Dienste quasi kostenlos anbietet, auch wenn sich am Ende des Gesprächs herausstellt, dass gar kein ernsthaftes Kaufinteresse besteht?
Dieser Missstand zeigt sich besonders deutlich in der weitverbreiteten Praxis, dass Menschen die Dienstleistungen von Außendienstmitarbeitern/Mitarbeiterinnen in Anspruch nehmen, obwohl sie von Anfang an kein echtes Interesse am Produkt haben.
Oft geht es nur darum, sich unverbindlich zu informieren oder bestehende Kaufentscheidungen durch ein Alternativangebot abzusichern. Diese Haltung führt dazu, dass eine ganze Berufsgruppe ihre Zeit und Ressourcen investiert, ohne dass ihnen dafür eine angemessene Vergütung zukommt.
Viele Menschen verstehen nicht, warum jemand, der auf Provisionsbasis arbeitet, ein Recht darauf haben sollte, für seine investierte Arbeitszeit und die damit verbundenen Kosten entlohnt zu werden.
Ein hartnäckiges Vorurteil. Sind Handelsvertreter Lügner?
Ein weiteres, weit verbreitetes Vorurteil ist, dass Außendienstmitarbeiter lügen, um ihre Verkaufszahlen zu steigern. Dieses Klischee ist nicht nur ungerecht, sondern auch schlichtweg falsch. Handelsvertreter nehmen regelmäßig an Fortbildungskursen und Produktschulungen teil, um die bestmögliche Beratung für ihre Kunden zu gewährleisten.
Sie kennen die Vor- und Nachteile ihrer Produkte genau und sind darauf trainiert, die Bedürfnisse ihrer Kunden zu verstehen und passende Lösungen anzubieten. Es handelt sich hierbei um eine qualifizierte Dienstleistung, die nicht einfach nur dem Verkauf dient, sondern auch eine fundierte Beratung bietet.
Warum also hält sich das Vorurteil so hartnäckig, dass Handelsvertreter nicht ehrlich seien? Möglicherweise liegt dies daran, dass Menschen sich ungern eingestehen, dass sie eine fundierte Beratung benötigen oder dass sie der Annahme unterliegen, jede Beratung sei automatisch darauf ausgelegt, sie zum Kauf zu überreden.
Doch die Realität sieht anders aus. Ein seriöser Handlungsreisender weiß, dass es langfristig erfolgreicher ist, Vertrauen aufzubauen und den Kunden ehrlich zu beraten, als kurzfristige Verkaufsziele zu erreichen.
Beratungsdienste nur noch gegen Entgelt? Auch der Staat würde profitieren!
Eine interessante Frage ist, warum es nicht möglich ist, dass Außendienstler für ihre Beratungsdienste grundsätzlich ein Entgelt verlangen. Angestellte in anderen Berufen, ob sie nun gut oder schlecht arbeiten, erhalten ihren vertraglich vereinbarten Lohn.
Warum also sollte ein Vertreter/Vertreterin, der/die sich stets weiterbildet, um seine Kunden bestmöglich zu beraten, seine Zeit und Expertise kostenlos anbieten müssen? Ein Beratungsentgelt würde sicherstellen, dass der Mitarbeiter/in im Außendienst zumindest für seinen Aufwand entlohnt wird und könnte dazu beitragen, die Wertschätzung für diesen Beruf zu erhöhen.
Dieses Modell hätte nicht nur Vorteile für die Handlungsreisenden, sondern auch für die Kunden. Ein Entgelt würde sicherstellen, dass die Beratung neutral und auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten ist, ohne dass der Berater unter Druck steht, unbedingt einen Verkauf abschließen zu müssen.
Es würde die Transparenz erhöhen und die Qualität der Beratung steigern, da der Kunde weiß, dass er für eine Dienstleistung bezahlt, die echten Mehrwert bietet. Auch der Staat würde davon profitieren, wenn bisher unbezahlte Arbeitszeit in Einkommen verwandelt werden würde.
Wertschätzung und Fairness im Umgang mit Handelsvertretern
Am Ende des Tages geht es um Respekt und Fairness. Handelsvertreter/innen sind Fachleute, die ihre Arbeit mit Leidenschaft und Engagement ausüben. Sie investieren Zeit, Geld und Energie in ihre Ausbildung und Weiterentwicklung, um ihren Kunden den bestmöglichen Service zu bieten.
Es ist an der Zeit, die Vorurteile gegenüber dieser Berufsgruppe zu hinterfragen und die Arbeit der Handelsvertreter/innen angemessen zu würdigen.
Wir sollten uns bewusst machen, dass Handelsvertreter/innen einen wichtigen Beitrag zur Wirtschaft leisten. Sie helfen Unternehmen, ihre Produkte und Dienstleistungen an den Mann, bzw. an die Frau zu bringen. Sie bieten Kunden oder Interessenten eine fundierte Beratung, die ihnen hilft, informierte Entscheidungen zu treffen.
Ohne Handelsvertreter/innen würde ein wesentlicher Teil des Marktes fehlen. Es ist daher nur fair, ihre Arbeit entsprechend zu honorieren und ihnen die Anerkennung zu geben, die sie verdienen.
Handelsvertreter/innen sind keine Deppen der Nation, sondern hoch qualifizierte Fachleute, die einen wesentlichen Beitrag zur Wirtschaft leisten.
Ihre Arbeit verdient mehr Anerkennung und Wertschätzung. Ein Umdenken in der Gesellschaft und ein Modell, bei dem Beratungsdienste entgeltlich sind, könnten dazu beitragen, die Position und das Ansehen von Handelsvertretern/Vertreterinnen nachhaltig zu stärken.