Medienwahnsinn. Friedrich Merz entfesselt Erwartungen ohne Mandat

Medienwahnsinn. Friedrich Merz entfesselt Erwartungen ohne Mandat
Ein Kanzler wird in Deutschland nicht durch mediale Hochrechnung ins Amt gehievt, sondern durch einen klaren Mehrheitsbeschluss des Bundestags. Diese Fakten scheinen in den Meinungsabteilungen jedoch kaum noch eine Rolle zu spielen.

Ein Kommentar zur medialen Selbstüberhöhung vor der Realität

Während die politische Landschaft Deutschlands in unruhigem Fahrwasser treibt, greift Medienwahnsinn um sich. Es zeichnen sich in den Redaktionen großer Medienhäuser bereits neue Narrative ab. Noch bevor Friedrich Merz überhaupt den Kanzlerstuhl betreten hat, überschlagen sich manche Leitmedien mit Erwartungen, Hoffnungen und Forderungen, als wäre der CDU-Vorsitzende längst zum Regierungschef gewählt und im Amt vereidigt.

Was hier passiert, ist mehr als bloße journalistische Vorwegnahme. Es ist ein gefährlicher Medienwahnsinn, der einer demokratischen Kultur nicht mehr gerecht wird.

So wird der Glaube in Medien und Politik nicht nur untergraben, mehr noch, dieses schändliche Schauspiel von Selbstdarsteller-Journalisten hat Potenzial, den letzten Rest von Vertrauen komplett zu zerstören.

Ein Kanzler ohne Mandat, aber mit Forderungskatalog

Ob FAZ, Welt oder Spiegel, die Tonlage ist oft die Gleiche! Merz müsse nun endlich liefern. Er müsse das Land zusammenführen, die Wirtschaft auf Kurs bringen, klare Kante gegen Rechts zeigen, aber zugleich die Sorgen der Bürger ernst nehmen.

All das, obwohl es bisher weder einen Regierungsauftrag noch eine demokratische Legitimation für Friedrich Merz als Bundeskanzler gibt.

Was hier als politischer Kommentar verkauft wird, ist im Kern nichts anderes als ein weiterer Ausdruck von Medienwahnsinn, der sich längst verselbständigt hat. Ein Kanzler wird in Deutschland nicht durch mediale Hochrechnung ins Amt gehievt, sondern durch einen klaren Mehrheitsbeschluss des Bundestags.

Diese Fakten scheinen im aktuellen Medienwahnsinn jedoch kaum noch eine Rolle zu spielen.

Der Rückzug der Realität aus dem Journalismus

Was früher der Job der Meinungsseite war, dominiert heute Schlagzeilen, Titelbilder und Talkshows. Friedrich Merz wird dabei zum Projektionsraum all jener, die sich nach klarer konservativer Führung sehnen, oder nach einem politischen Feind, der sich ideal als Reibungsfläche eignet.

Im Kontext des Medienwahnsinns wird Merz bereits an Versprechen gemessen, die er nie gegeben hat, und an Standards beurteilt, die ihm von außen auferlegt werden. Der klassische Journalismus, der kritisch prüft, kontextualisiert und differenziert, ist vielerorts abgetaucht. Übrig bleibt ein Meinungsjournalismus, der tief im Medienwahnsinn verwurzelt ist und kaum noch zwischen Analyse und Aktivismus unterscheidet.

Mediale Rollenzuweisung als Machtinstrument

Diese Art der medialen Erwartungsschaffung hat einen strategischen Kern. Wer heute Erwartungen formuliert, bereitet morgen das Scheitern vor. Wer Merz heute als Macher stilisiert, kann ihn morgen als Versager darstellen!

Willkommen im Kreislauf von Medienwahnsinn.

Es ist eine Falle, in die schon viele getappt sind. Von Gerhard Schröder über Angela Merkel bis Olaf Scholz. Nur, bei Merz ist er besonders perfide. Denn er ist noch nicht einmal im Amt. Der Medienwahnsinn schreibt jetzt schon Geschichte, bevor die Realität überhaupt beginnt.

Die Folgen für den politischen Diskurs

Das Problem ist größer als Merz. Denn was hier sichtbar wird, ist ein Symptom tiefer liegender Fehlentwicklungen im Verhältnis von Medien, Macht und Öffentlichkeit.

Die mediale Schnelllebigkeit, die Sehnsucht nach klaren Deutungen und das Bedürfnis nach Helden und Bösewichten haben dazu geführt, dass komplexe Prozesse auf Schlagzeilenformat gestutzt werden.

Der Medienwahnsinn befördert dabei nicht Erkenntnis, sondern Erregung. Er ersetzt Analyse durch Alarmismus. Was fehlt, ist der Respekt vor demokratischen Verfahren, vor Ungewissheit, vor der Möglichkeit, dass es auch ganz anders kommen könnte.

Was fehlt, ist ein Journalismus, der nicht nur bewertet, sondern auch begleitet, nicht nur zuspitzt, sondern erklärt.

Ein Appell an die vierte Gewalt

Medien sollten nicht zu Königsmachern werden. Sie sollten nicht vorwegnehmen, was in einem demokratischen System noch offen ist. Ihre Aufgabe ist es, Entwicklungen einzuordnen, nicht sie vorwegzunehmen.

Wenn Friedrich Merz Kanzler wird, dann ist es an der Zeit, seine Politik zu analysieren, aber nicht vorher.

Alles andere ist Medienwahnsinn in Reinform. Und es ist ein Spiel, das wir uns als Demokratie nicht leisten sollten. Denn, „Wer die Zukunft vorwegnimmt, verpasst die Gegenwart.“Theodor W. Adorno

Rudolf Stier - Freier Journalist

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